Wir wollen sie auf das neue Buch - „JESCHKENBLUMEN“, herausgegeben von der Wissenschaftlichen Bibliothek in Reichenberg 2008, von Authoren Otokar Simm und Marek Sekyra, aufmerksammachen. Einige Passagen aus dem Vorwort der Autoren:
Deutsch ist heute die Muttersprache der Einwohner mehrerer europäischer Länder. In der Vergangenheit war das Verbreitungsgebiet der deutschen Sprache noch viel ausgedehnter, die unglücklichen Ereignisse des Zweiten Weltkrieges und die folgenden Begebenheiten zogen jedoch einen erzwungenen Exodus der deutschsprachigen Bevölkerung aus Ost- und Mitteleuropa in den Westen nach sich.
Bei einer so massiven geographischen Verbreitung ist klar, dass sich der deutsche Volksmund in den einzelnen Gebieten unterschiedlich entwickelte. Dies ist schließlich nicht nur für Deutsch spezifisch. Eines scheint jedoch außergewöhnlich zu sein: Es ist die riesengroße Menge von Dialekten, die sich voneinander insofern unterscheiden, dass sich nicht einmal die deutschen Muttersprachler unbedingt verstehen müssen, wenn jeder in seinem Dialekt spricht.
Auch in der Region Nordböhmen, wo zurzeit vorwiegend die tschechischsprachige Bevölkerung lebt, wurde bis 1945 deutsch gesprochen. Bis zur Aussiedlung der deutschsprachigen Bevölkerung blieb hier vor allem in der unteren Volksschicht ein spezifischer Dialekt erhalten, den man als Isergebirger Mundart bezeichnen kann. Die hiesigen Deutschen nannten die Volkssprache „paurisch" - man kann sie auch als „Bauernsprache" bezeichnen. Diesen Dialekt konnte man dort allerdings noch viel später hören. Die Deutschen, die dort bleiben wollten oder das Gebiet nicht verlassen durften, sprachen ihn gelegentlich.
Obwohl es sich um eine ganz kleine Region handelt, hatte die Isergebirger Mundart viele Formen. Auf der nördlichen Seite des Isergebirges, in der Gegend von Friedland und Haindorf, wurde anders gesprochen als in Reichenberg, Gablonz, Tannwald und Umgebung. Mundartvarianten lassen sich nicht nur unter den einzelnen Gebieten zwischen Stadt und Dorf, sondern auch unter den verschiedenen Bevölkerungsgruppen finden. Obwohl hier von den Dialekten der unteren Bevölkerungsschichten die Rede ist, darf man nicht übersehen, dass auch gebildete Menschen in bestimmten Kreisen Dialekt sprachen. Sie schämten sich nicht für die Sprache ihrer Väter, sie waren sogar stolz darauf.
Den Wert von Dialekten haben die Menschen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erkannt. Am Ende dieser Periode erschienen mehrere regionale Autoren, die sich bemühten, die Volkssprache schriftlich festzuhalten und natürlich betraf dieses „Erwachen" nicht nur die hiesigen Schriftsteller. Man kann jedoch vermuten, dass die Rettung der Volkssprache, deren unmittelbare Bedrohung sie anfangs vielleicht nicht wahrnehmen mussten, nicht immer ihr einziges Motiv war. Die Triebkraft der Autoren war sicherlich auch der ursprünglich unpolitische Wille, Kultur unter Alltagsmenschen zu verbreiten und ihnen ihr Werk näher zu bringen. In diesem Sinne waren die Bemühungen erfolgreich.
Mit der schriftlichen Äußerungsform war es überhaupt nicht einfach, weil es keine Rechtschreibungsregeln gab. Es hing im Wesentlichen von dem Einfallsreichtum und den Fähigkeiten der einzelnen Autoren ab, wie sie sich mit dem Schreiben spezifischer Laute, mit der unterschiedlichen Aussprache einzelner Lautgruppen, oder mit dem häufigen Kürzen oder Zusammenlegen von Wörtern abfanden. Auf ihre Weise unterscheiden sich also die Sprachen der einzelnen Verfasser voneinander.
Das Ende des 19. und der Anfang des 20. Jahrhunderts wurden zu einer „goldenen Ära" der in Isergebirger Mundart schreibenden Autoren. Sehr beliebt waren damals gereimte, oft von eigenartigem Humor geprägte Erzählungen über verschiedenste Begebenheiten. Die Bedeutung dieser Werke besteht für uns in der schriftlichen Zeugenschaft von der damaligen Lebensweise und von längst vergessenen Ereignissen.
Kleinere Publikationen kamen in der Regel auf eigene Kosten der einzelnen Autoren heraus und im Hinblick auf ihren niedrigen Preis waren sie fast allen zugänglich. Der Deutsche Gebirgsverein für das Jeschken- und Isergebirge, der sie in seinen Jahrbüchern regelmäßig veröffentlichte, hatte ein nicht unbedeutendes Verdienst um die Verbreitung von Dialekttexten. In der Nachkriegszeit publiziert sie bis heute auch der Herausgeber der Jeschken-Iser Jahrbücher, der sich selbst als Nachfolger des Gebirgsvereines als Verleger bezeichnet.
Zu den bedeutenden, in Mundart schreibenden Autoren zählen zum Beispiel Franz Keil, Karl Baier, Julius Vatter, Anton Hans Bielau (alle aus Reichenberg), Ferdinand Schmidt, Marie Hübner (beide aus Gablonz), Franz Grundmann (aus Tannwald) oder Josef Bennesch (aus Haindorf).
Beim Übersetzen der in Mundart geschriebenen Werke muss sich der Übersetzer mit einer ganzen Reihe von Schwierigkeiten auseinandersetzen. Es ist meistens fast unmöglich, den Humor dieser Spracl form vollkommen zu bewahren. Andere Komplikationen können sich aus der Unkenntnis der manchmal mehr als hundert Jahre alten Gegebenheiten ergeben. Schließlich trifft man von Zeit zu Zeit auf bestimmete Ausdrücke, die heute kaum jemand übersetzen kann. Es fehlt spürbar an guten Wörterbüchern die die Dialektsprache ins Hochdeutsche umsetzen würden.
Nicht nur die Mundart aus dem Isergebirge, sondern auch andere ost- und mitteleuropäische Dialekte gehören zu den Sprachen, die leider zum Untergang verurteilt sind. Die Zerstreuung der Bevölkerung über verschiedene Gebiete und das allmähliche Aussterben der Menschen besiegeln ihr Schicksal. Dies gilt natürlich nicht nur für deutsche Dialekte. Die Sprache bleibt aber in den Werken regionaler Autoren erhalten und es gibt auch Tonaufnahmen, die die vertriebenen Deutschen in ihrem neuen Zuhause anfertigten. Die schriftliche Form können wir bis heute in den Veröffentlichungen und Zeitschriften der Landsmannschaften finden. Zu den bedeutendsten, noch vor kurzem in der Isergebirger Mundart schreibenden Persönlichkeiten gehörte Heinz Kleinert (1927-2003). Sein Werk wurde in acht Bänden von der Leutelt-Gesellschaft herausgegeben.
Jede entwickelte Gemeinschaft sollte ihr Kulturerbe schätzen - unabhängig von der Nationalität seines Schöpfers. Auch unsere Arbeit will zur Erhaltung der Werke unserer Vorfahren aus dem heutigen Liberec beitragen.
Deutsche Originale werden in dieser Publikation so angeführt, wie sie seinerzeit veröffentlicht wurden das heißt, der gegenwärtigen deutschen Rechtschreibung ungeachtet.
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