Reichnejer Schorfblicke
Aus der Stadtvertretung am 26. Feber 2002....
Die Stadtvertretung hat den Finanzjahresabschluß der Stadt Reichenau gebilligt und gleichzeitig auch das neue Stadtbudget für 2002 bestätigt. Diesbezüglich sind u.a. folgenden Maßnahmen in der Stadt geplant:
- Aufbau neuer Haltestelle für Linienautobusse Nr.1 nach Gablonz (an der Vereinshalle)
- Rekonstruktion und Anstrich der Fassade des Rathauses, inclusive Dachanstrich und Reparatur
- Fassadenanstrich des Feuerwehrhauses
- Übernahme des Gasthauses Beseda (Michl) vom Turnverein SPARTAK durch die Stadt auf Grund eines Schenkvertrages
- Rekonstruktion der Bürgersteige in der Schulstraße
- Neuer Asphaltteppich auf der Straße "An der Grenze" (am Simm-Bäcker)
- Rekonstruktion der Unterführung für die Fußgänger auf dem Bahnhof in der Zusammenarbeit mit der den Staatsbahnen
- Kanalisationsanschluß der Blumenstraße (am Maschke-Export) an das städtische Klärwerknetz
- Anschluß der Regenwasserkanalisation in der Malerstraße
- Aufbau eines neuen Sportplatzes für den Schulunterricht hinter der "Volksschule"
(dasselbe an der Bürgerschule seit Sommer 2001 fertig)
Fotografie gesucht !
Bei der ersten Sitzung der Stadtfreunde Reichenaus in diesem Jahr in der Pension AURES, am 23. Feber 2002, wurde beschlossen die Pestsäule im Hinterbusch zu restaurieren. Seit der Aufstellung der Säule werden dieses Jahr gerade 300 Jahre vergehen, als die letzte Pestepidemie ausgebrochen bzw. überwunden wurde. Die Säule gehört zu den ältesten Baudenkmälern der Stadt. Man vermutet auf der Spitze eine "Kreuzkrone", die aber auf Grund der fehlenden Dokumentation von Denkmalschützern nicht zu bestätigen ist. Deshalb wendet sich der Verein der Freunde der Stadt an alle, die eine alte Aufnahme oder Zeichnung besitzen, diese dem Verein zur Verfügung zu stellen. Ähnlich sucht der Verein nach Aufnahmen oder Zeichnungen, die das Märterl an der Radler Straße, unweit des "roten Meeres", dokumentieren könnten. Der Granitsocken deutet auf ein Märterl hin, dessen obere Teil nicht mehr vorhanden ist, wobei gleichzeitig jegliche Geschichte oder Stadtchronikerwähnung fehlt, die mindestens den Sinn des Kreuzes aufklären könnte.
Zum wichtigen Punkt der Verhandlung gehörte die seit Jahren geplante Rekonstruktion der Kirche zum Hl. Wenzel. Demnächst wird es der Stadt gelingen die Kirche in das Verzeichnis der "nationalen Baudenkmäler" eintragen zu lassen, sodaß eine größere Rekonstruktion der Bausubstanz der Kirche schon im kommenden Jahr unter der Zusammenwirkung privater Spenden, eines städtischen Beitrages, des Beitrages des Deutsch-tschechischen Zukunftsfondes und der Tsch. Republik möglich sein könnte.
ABM
Dr. Gertrud Zasche
Die große Hungersnot in Gablonz 1770/71
Hunger - den kennt bei uns die jetzige junge Generation höchstens von Fernsehberichten aus der Dritten Welt, von den erschütternden Bildern ausgemergelter Kinder, die nichts zu Essen haben. Die Elterngeneration hat den Hunger nach Kriegsende vielleicht noch am eigenen Leibe erlebt. Wenn es in unseren Tagen Unwetterkatastrophen und Mißernten gibt, so gibt es in anderen Teilen der Welt Überschüsse, und es ist kein Problem, ausreichend viel dahin zu transportieren, wo es gebraucht wird. Sofern es bezahlt werden kann.
In früheren Jahrhunderten führten Unwetter und Mißernten, vielleicht noch in Verbindung mit Kriegsnoten, gar schnell zu einer Katastrophe. So hatte sich das Gebiet des Isergebirges noch nicht vom wirtschaftlichen Niedergang im Gefolge des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) erholt, als 1770 ein Dauerregen in ganz Mittel- und Südeuropa Getreide und Weidegras verfaulen ließ, ein ungewöhnlich milder Winter auch die Saaten für die nächste Ernte verdarb. Lebensmitteleinfuhren im großen Stil gab es damals noch nicht, weil die Transportmög1ichkeiten beschrankt und daher kostspielig waren. Die Menschen mußten von dem leben, was ihr Land hervorbrachte, und war dies nicht ausreichend, so gab es Teuerung und Not. So kostete damals in Reichenberg der Strich Korn 16 Gulden, der in fruchtbaren Jahren für 49 Kreuzer zu haben gewesen war. Aber auch bei niedrigen Preisen und genügendem Angebot hatte die verarmte Bevölkerung das zum Leben Notwendige nicht bezahlen können, herrschte doch Arbeitslosigkeit ohne Hoffnung aufbaldige Erholung von Handel und Gewerbe.
Da sich auch die in die Ernte von 1771 gesetzten Erwartungen nicht erfüllten, entstand für die durch Mangel und den Verzehr unbekömmlicher Ersatzlebensmittel wie Gras oder gemahlene Baumrinde geschwachten Menschen eine neue Gefahr. Ein bosartiges Faulfieber und der Hungertyphus forderten in Böhmen an die 250 000 Opfer.
Der Hunger selbst, das Fehlen jeglicher Nahrung, raffte in Gablonz 221 Bewohner dahin. Erschüttert liest man in der Sterbematrik den Eintrag: "Fame obiit" = verhungert als Todesursache. Der letzte dieser Unglücklichen war noch am 17. Juli 1772 Franz Feix, ein 25jähriger Bettler aus Gablonz.
Es muß angemerkt werden, daß das furchtbare Elend eine Hilfsaktion von Seiten der Regierung auslöste. Kaiser Josef Il. ließ Reis, sowie Korn aus Ungarn und Saatgut in die Notstandsgebiete bringen. Kaiserin Maria Theresia half mit Geld und einem Nachlaß der Abgaben. Beendet aber wurde die Schreckenszeit erst durch die gute Ernte von 1772.